Stage J
16:45 - 17:15
German
Talk
Beginner
Digitale Zyklustracker: Self-care, health care, who cares?

Kurzthese

Digitale Zyklustracker sehen schick aus, haben längere Öffnungszeiten als jede Frauenärztin und machen niemandem Vorwürfe wegen ungeschütztem Sex. Aber wie steht es eigentlich um unsere sexuelle Selbstbestimmung, wenn mobile Apps Blutungen, Wohlbefinden und sexuelles Begehren messen und auswerten? Und was macht das mit den Vorstellungen von Gesundheit und Fertilität in einer Gesellschaft?

Beschreibung

Das Aufzeichnen von Menstruation ist eine jahrzehntealte und erprobte Methode zur Eigenbeobachtung des Körpers. Es überrascht daher kaum, dass digitale Zykluskalender in Form von Zyklustrackern inzwischen zu den beliebtesten Gesundheits-Apps zählen. Auf unkomplizierte Art und Weise ermöglichen sie ihren User_innen tagtäglich Aufzeichnungen zu Blutungen, Wohlbefinden und Sex via Smartphone zu machen. Sie versprechen ihren User_innen den eigenen Körper besser zu verstehen und durch die Verknüpfung von verschiedenen Gesundheits-Daten individuelle Muster im Zyklus zu erkennen. Facebook-Posts und offene Gespräche über Menstruation finden trotzdem eher selten statt.

Wenn User_innen von Zyklustrackern wissen, wie sich Sport, Ernährung oder Schlaf auf ihren Zyklus auswirken, könnte das zu selbstbestimmteren Entscheidungen in Bezug auf Gesundheit führen. Vielleicht sind sie die neuen Cyborgs, die über ihre Blutungen, ihr Wohlbefinden und ihre sexuellen Aktivitäten besser Bescheid wissen denn je. Die Apps geben dabei die Tracking-Kategorien vor und sammeln zeitgleich extrem sensible Gesundheits-Daten mit.

Zukünftig werden im Gesundheitssektor die Daten von Gesundheits-Apps und somit private Unternehmen für wissenschaftliche Forschung aber auch für Public Health eine zentrale Rolle spielen. Ärztliches Personal und wissenschaftliche Forschung teilen sich dann den Platz um medizinische Deutungshoheit von Krankheit und Gesundheit. Es ist an der Zeit uns Gedanken um die Digitalisierung von Gesundheit und um die Rolle von Gesundheits-Apps zu machen, die mehr sind als nur 'stumme Diener'. Es mag dabei einen Unterschied machen, ob sie unsere Schritte zählen oder unsere Fertilität messen.

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